20160514

Dungeon World - Bericht

Dungeon World. Eine Sensation aus den Staaten. Das Stichwort PbtA oder "Powered by the Apocalypse" steht für ein Qualitätsmerkmal von Rollenspiel, das die Tugenden der frühen Jahre, den Entdeckergeist, und die mechanische Eleganz der Moderne vereint und ist, seit Bakers Apocalypse World eingeschlagen wie eine Bombe mit seinem System und seiner technischen Einfachheit.

Dabei behandelt es die Oldschool-Mentalität, welche so lange OSR ausgemacht hat mit einigen modernen Elementen der Design-Schule. Wie das ganze aussieht, wollen wir im folgenden behandeln.

Grundsätzlich ist Dungeon World erstmal ein traditionelles Rollenspiel, wie wir schon viele kennen. Es gibt Spielleiter und Spieler. Es gilt die oberste Regel "Sag JA oder lass würfeln" um Entscheidungen zu treffen. Ein durchaus sinnvoller Grundsatz der viele Probleme von Rollenspielgruppen durchaus aus dem Weg räumen kann.

Dungeon World basiert dabei auf einigen kleinen aber feinen Entwicklungen. Zunächst ist dabei einmal, dass nur die Spieler würfeln. Der SL braucht seine Würfel effektiv nie anfassen. Dies kann befremden, insbesondere für Spielleiter welche aus den Würfel-dominanten System hinüber kommen (Alles was World of Darkness oder Shadowrun-Richtung geht, aber natürlich auch so einige andere Klassiker).

Dies funktioniert mittels eines einfachen Würfelsystems. Spielercharaktere haben Attribute wie DnD-Charaktere mitsamt Modifikator und würfeln 2w6 +Attributsmodifikator. Danach wird verglichen. Eine 6- ist ein Mißerfolg. Eine 7-9 hingegen erlaubt einen Erfolg mit Nachteil oder Einschränkungen, während eine 10+ immer ein voller Erfolg ist. Dies wird dabei nur von den Spielern gewürfelt, wenn sie einen sogenannten "Move" anwenden.

"Moves", das andere Element, erinnert in seiner Machart ein wenig an die DnD 4E-Powers, und stellt Aktionen oder Spielmechaniken dar, nicht unähnlich einem Brettspiel, wo bestimmte Inhalte des klassischen Tabletop-Rollenspiels (die gesamte DnD 3.0-3.75-Schiene) ja drunter fallen, kodifiziert werden in Form von verständlichen Fähigkeiten mitsamt klaren Würfeleffekten.

Dabei wird ALLES in Form dieser Moves abgehandelt. Jeder Charakter hat statt Talenten, Fertigkeiten oder Spezialisierungen nur diese Moves. Und kann weitere erlangen mit Stufenaufstiegen.
Dies gilt jedoch ebenso für den Spielleiter, dessen gesamter Handlungsstrang effizient auf diese Moves abgeleitet und hingerichtet ist. Spielleiter-Moves, wie zum Beispiel, eine Gefahr anzukündigen (Ihr hört das finstere Grollen und Glucksen eines näherkommenden Trolls) oder einen unangenehme Wahrheit (Der Boden ist Lava!) zu enthüllen, sind dabei vorkommend, wenn der SL damit die Narrative voran treibt oder die Spieler ab 9- würfeln, wo diese dann angewandt werden können.

Auch Kontrahenten oder Fallen etc. können Moves haben. Diese Vereinheitlich, welche schon aus dem FATEigen Legend of Anglerre bekannt ist, ist durchaus geschickt gemacht, und verhindert, dass einzelne, aufgenagelte Sub-System, also der Chrom, das eigentliche Spielgefühl verwässern und unnötig verkomplizieren, da sie mit einer solchen Basis natürlich den Regelkern deutlich schleifen und entschlacken.

Dabei teilen die Monster im Bereich von W4 bis W12 Schadenspunkten aus (auch dies gewürfelt von Spielern, wenn es keine Festwerte sind) oder einen Move nutzen, um einen Effekt herbeizuführen (wie Goblins, die mehr Freunde herbeirufen). Dies kann auch schnell ins Auge gehen, denn Spielercharaktere besitzen im Schnitt nur 15-25 Trefferpunkte, was neben dem 6-/7-9/10+ System schnell ins Auge springen lässt, wie schwer es sein kann, eine gewisse Erfolgsquote zu erlangen.

Damit kommen wir aber auch gleichzeitig zu einem Knackpunkt des Systems. Denn neben der sehr deutlichen Tödlichkeit und einem gewissen Frustfaktor für Spieler, die einen Erfolg mit Nachteil nicht unbedingt als etwas positives ansehen, führt das Spiel durchaus zu Problemen.

Die gesamte Thematik des "Nutze einen Move" ist überraschend fremdartig und kann zu deutlichen Problemen innerhalb der ersten Spieltermine führen, weil sich beide Seiten erst daran gewöhnen müssen, da die Dynamik eine ganz andere ist, die sich hier aufbaut.

Gleichzeitig wirkt es für Spieler durchaus frustrierender, ein stetiger mit Nachteilen besetztes Erfolgserlebnis zu haben, da die Modifikatoren für die Würfe oft eher gering ausfallen, und der höchste unmodifizierte Modifikator für einen Spieler sowieso +3 ist, was, da man oft nur einen davon hat bei 6 Attributen, von denen man immer wieder eine bunte Mischung benötigt (was aber positiv auffällt), für einen gewissen Frustfaktor sorgt.

Klar, könnte man sagen, das ist in anderen Rollenspielen nicht anders, aber es kam im Test hier sehr viel deutlicher vor als ich es von anderen Rollenspielen gewohnt bin.

Zudem ist Dungeon World leider deutlich vager geschrieben, als man denken würde, da gerade Konzepte für Einsteiger in seine Mechaniken sehr ungünstig geschrieben sind. So wird der Kampf, der immer wieder in Beispielen erwähnt oder als narratives Element angeführt wird, nirgendswo regeltechnisch beschrieben. Es ist erst aus Zusatzdokumenten ersichtlich, wie das eigentliche Regelkonstrukt letztlich funktionert, was für ein Grundregelwerk schon etwas beschämend ist.

Sehr positiv hingegen fielen mir die Charakter-Blätter auf, welche formschön, einfach und mit Platz für alle wichtigen Infos der Charaktere ein fast sofortiges Losspielen ermöglichen in wenigen Minuten.

Gleichwohl kann man Dungeon bzw. Apocalypse World den Erfolg nicht absprechen, noch immer ploppen auf beiden Seiten des Atlantiks immer wieder neue PbtA-Titel auf, welche die Mechaniken mal mehr, mal weniger clever bedienen. Und das wird auch noch einige Zeit so weiterlaufen, in Anbetracht der Popularität, die sich hier ergibt.

Was ist denn jetzt aber mein Fazit? Nun, ich empfinde DW als eine faszinierende Bestie, ein Spiel, von dem ich denke, dass man es erleben muss in der Wahrnehmung einer Person, die es verstanden, weswegen ich auf kommenden Cons oder Terminen definitiv gucken werde, dass ich als Spieler selbst da noch einmal durch anderer SL Augen reinschnuppern kann, aber für den Moment ist es mir als SL und meiner Runde als ganzes tatsächlich nicht zuneigbar. Zu sehr ist das notwendige Spielkorsett zu vage, zu sehr eine Frust-Erfahrung für die Spieler.

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