20160905

Fall 1 - LV

Was?!

Schwarz – Hören sie auf ihre bescheuerte Denkerpose einzunehmen und gucken sie mich an! Wie. Wollen. Sie. Weitermachen?

Zeichner – Aber…haben…sie nicht? Ich…Ich versteh nicht so…

Sie legt ihre Hände in die Hüfte und wirkt so, als ob sie einem Dampfkochtopf gleich überkochen würde.

Schwarz – Spreche ich chinesisch?

Zeichner – Ich…ähh..Nein! Sie haben Recht. Ich will als nächstes ins Neptun, ein Gespräch mit einer jungen Frau führen, die einen Tatort mit einem Kostüm verlassen hat, ich denke dass sie Tatianna kennt und mir mehr dazu sagen kann.

Schwarz – Tatianna?

Zeichner – Ich wurde von Esther Rassila angeheuert, Damir Mokhov zu finden. Nachdem sich herausstellte, dass der Mann weder ihr Bruder noch wirklich tot war, versuchte sie mich zu liquidieren. Nachdem ihr das nicht gelang, kam ich in den Kontakt mit, sagen wir einem Interessenten, der mich bat, anonym für ihn zu ermitteln…

Der Blick von Schwarz spricht Bände. Abschätzig, geradezu schnippisch schaut sie mich an, mit einem Hauch von Verblüffung, dass es mich zwingt, mit der Hand am Kopf zu kratzen und weg zu blicken, um nicht schamvoll weiteres zu erzählen.

Schwarz – Und ihr Büro? Sie wollen das hier noch nicht so stehen lassen, oder?

Zeichner – Nein, aber ich weiss nicht wieviel Zeit ich momentan habe. Wenn sie mich fragen läuft da im Hintergrund was ganz großes ab. Und es zieht weite Kreise.

Sie wirkt nicht überzeugt.

Schwarz – Hm. Weite Kreise heißt noch lange nicht, dass es Dinge sind, die man zwingend aufdecken gehen muss.

Zeichner – Sprechen wir jetzt gerade wirklich über Risiken und den Sinn oder Unsinn als Privatdetektiv oder haben sie etwas, das sie eigentlich sagen wollen? Hören sie, Schwarz, ach, Carla!, sagen sie es einfach!

Schwarz – Die Typen, die das Büro verwüstet haben?

Zeichner – Eine Gruppe von White-Power-Schlägern. Bei meinen Nachforschungen an den Docks um Mokhovs Wohnung bin ich Ihnen begegnet, aber ich dachte eigentlich, dass ich sie nicht wieder sehen würde…

Die Nacht im Keller des Apartmentgebäudes. Ich bekomme Phantomschmerzen am Hinterkopf, wenn ich nur dran denke. Hatte ich seine Muskelpakete nicht zu Boden geschickt? 2 Wochen sind offensichtlich eine längere Zeit als ich dachte.

Schwarz – Sie haben sich auch eine neue Garnitur Kleidung gegönnt.

Zeichner - Glauben sie mir, das war eher ein Zufall.

Im Hintergrund tönt der Donner. Der schwere Regen lässt nicht nach. Wenn es so weitergeht, wird das Sturmflut-artige Ausmaße annehmen.

Sie zögert. Immer wieder wippt sie den Kopf etwas hin und her, als ob sie davor wäre, etwas zu sagen, und sich dann dagegen zu entscheiden. Ich drücke ihr meine Hand auf die Schulter, klopfe ein, zweimal sanft.

Schwarz – Eines noch. Kurz bevor die Schläger hier waren, gab es einen Anruf. Der Anrufer hat seinen Namen nicht genannt, nur einen kryptischen Satz gesagt. Coldman 550.

Zeichner – Das sagt mir erstmal so nichts, aber machen sie sich keine Sorgen. Wir kriegen das wieder hin.

Sie nickt, aber irgendwie…ich kann es nicht erzwingen. Ich gehe an ihr vorbei, trete über den Überrest der Bürotür wieder in das Treppenhaus, wo zu meiner Linken, etwas erhöht und aufgebaut wie eine undurchdringliche Barriere, Klaus-Peter steht. Sein Blick ist eisern. Irgendwie wirkt er bedrohlicher. Deutlich bedrohlicher.

Ich nicke ihm zu, kann aber keine Reaktion von seiner Seite aus erkennen, was auch daran liegen mag, dass sein Gesicht durch die schlechte Beleuchtung hier drinnen eh größenteils im Schatten liegt. Drehe mich wieder nach unten und fange an, die Treppe hinunter zu gehen. Es knarzt bei den meisten Schritten.

Als ich auf die Strasse trete, schlägt mir der Wind und der aggressive Regen peitschenartig ins Gesicht, während die Straßen schon leicht dabei sind, einen stetigen, deutlichen Wasserfilm aufzunehmen. Die Kanalisation wird alsbald überfüllt sein. Es sind kaum Menschen auf den Straßen. Meine Füße dirigieren mich, so schnell es geht wieder Richtung Taxistand. Da war ein Fahrzeug von TTCT?

Bingo! Selbst durch den schweren Regen und angesichts des deutlich geringeren Verkehrs auf den Straßen der Stadt, kann ich das leuchtende Schild des Taxis erkennen, dass am Taxistand auf seinen nächsten Gast wartet. Ich laufe hin, immer weiter vollgesogen vom Regenwasser unter diesem dunklen Himmel. Stürze geradezu auf die Rückbank

Die dunkle, vom Lebensstil eines Reibeisens geprägte Stimme des Fahrers von vorne reißt mich aus allen anderen Gedanken. Ich kenne den Fahrer nicht, aber das ist hier nicht ungewöhnlich, und dieser ungefähr kaukasisch wirkende Typ irgendwo zwischen 30 und 50 mit einem harten Kinn und einer schwarz getönten Rundglasbrille scheint sowieso ein Unikum zu sein, neben der etwas blasseren Haut.

Fahrer – Wohin?

Zeichner – Restaurant Neptun! Sie wissen wo das ist? Wir müssen schnell sein!

Ich komme garnicht dazu, den Satz zuende zu sprechen, ehe die Reifen bereits quietschen, die Tür zuknallt und wir fahren. Der Mann fährt wie ein Wahnsinniger. Unzählige Male hupen anderen Fahrzeuge die sich angesichts des Wetters auf die Straßen getraut haben uns an, als er die Fahrt schneidet oder sonst wie fährt, aber definitiv nicht nach Vorschrift. Ich habe nicht mal das Gefühl, mich anschnallen zu können.

Wir heizen im wahrsten Sinne durch die Straßen. Da vorne, das Schild mit der Ausfahrt Neptun…und schon dran vorbei in die Ausfahrt gezogen. Die harte Kurve drückt mich hart gegen die linke Innenseite, ehe wir wieder einigermaßen gerade fahren. Bunte Lichter rasen an uns vorbei, während der Regen auf das Fahrzeugdach und Scheibe prasselt als gäbe es kein Morgen.

Der Bremsweg unter Feuchtigkeit ist ohne passende Reifen länger. Wir kommen endlich zum stehen. Ich drücke mich in die Rückbank, halte mich krampfhaft an den Gurten fest, um nicht nach vorne zu fliegen. Ändert nichts daran, dass ich mit dem Kopf am Ende des ganzen Vorganges fast in seinem Taxameter stecke. Das…aus ist?

Zeichner – Was bekommen…sie?

Er winkt ab. Im Rückspiegel kann ich seine Augen nicht erkennen, nur das schiefe Grinsen, mit dem er auf dem Fahrersitz sitzt.

Zeichner – OK. Danke.

Er nickt. Ich öffne die hintere Seitentür, und steige im prasselnden Regen aus, während ich sehen kann, dass sich das Neptun keine 50m weit weg befindet. Er hat sich quasi direkt vor den Eingang gestellt.

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