20160929

Fall 1 - LVII

Eine vierköpfige Gruppe von Köchen und Helfershelfern schiebt einen Wagen mit einer Torte an mir vorbei, die an der Spitze mit einer kleinen Nixe versehen ist. Stilvoll.

Blicke noch einmal Richtung Durchgang, durch welchen die Truppe gerade verschwindet, wende mich dann „lässig“ Richtung Treppen in das untere Stockwerk. Die verschiedenen Artisten und Künstler müssen irgendwo untergebracht sein, und ich wette das diese Quartiere irgendwo da unten sind, wo es abgeschiedener ist, als hier auf den Hauptpfaden.

Die Treppe hinunter, man bemerkt das sich das Ambiente im Licht der fluoreszierenden Neonröhren verändert, kann ich die sich Tapete langsam von der Wand lösen sehen, während die Treppe selber an manchen Stellen leichte Abdrücke hat. Bin noch auf der Mitte der Treppe, kann schon die Aktivitäten da unten hören. Koordination und Organisation. Jemand verteilt die Leute da unten gerade. Eine harte, zackige Stimme, die es gewohnt ist, Befehle zu erteilen.

Erreiche das Fußende der Treppe, einige Kisten stehen hier, voll von Kostümen und anderen Krimskrams, ein kleiner Blick um die Ecke in den engen Korridor. Eine Gruppe von, nun, woanders würde ich wohl Tänzerinnen sagen, die gerade instruiert wird von einer Dame in einem Geschäftsoutfit. Harte Schultern, grimmiger Blick, gefurchte Linien welche sich durch das Gesicht ziehen.

Abgänge im Korridor und Türen in Umkleidekabinen. Einfach so tun als gehöre man dazu. Greife eine der Kisten, und halte sie vor mein Gesicht, fange an, in den Korridor zu marschieren. Da vorne genau ist die Umkleidekabine, da will ich hinein. Irgendwo da wird die Dame sein, welche das Kostüm getragen hat.

Jeder Schritt fühlt sich an wie die Momente als wenn man durch Alcatraz wandern will.

Organisatorin – HEY!

Mist. Schreckmoment. Bleibe stehen. Kiste immer noch vor meiner Nase. Körper etwas senken, so wirken als ob das Gewicht, das ich mit mir rumtrage schwerer ist, als es in Wirklichkeit wäre. Harte Schuhe kommen näher. Killerabsätze. Stimme vor der Kiste. Stöhne. Schlucke. Hörbar.

Sie muss genau vor mir stehen, nur die Kiste trennt uns gerade. Die Kiste wird etwas leichter. Sie greift wohl hinein, hat etwas herausgeholt.

Organisatorin – Hey, das hab ich schon gesucht. Okay Mädels, keine Müdigkeit vorschützen, ich weiß wie es draußen ist aaaaber hier drin sind Gäste und wir haben einen Job! Also hoch mit euch.

Etwas haut hart gegen die Kiste, die mir dabei fast aus den Händen fliegt, ehe ich die harten Absätze höre, wie sie um mich herum marschieren und die Treppe hinauf wandern, während im Hintergrund ein Wirrwarr an Schritten und Trapsern gemacht wird. Vorsichtiger Blick über den Kistenrand. Eine Gruppe von …Tänzerinnen die sich für den Auftritt bereit machen.

Drücke mich, mit der Kiste an der Schnauze, an den Damen vorbei in die erste Kabine, mein Augenmerk immer auf die Kostüme gerichtet. Eine kleine Umkleidekabine, diverse Kostüme, Kleidungsstücke mit allerhand Tand angeklebt an der Seite, der Raum selbst nicht breiter als 2m, im Hintergrund eine junge Frau welche gerade dabei ist, sich zu schminken, wilde bläuliche Farbmuster, welche sich über den Körper ziehen. Sie hat mich entweder nicht bemerkt, oder ignoriert meine Anwesenheit. Angesichts des großen Spiegels vor dem sie sitzt, wäre das natürich verwunderlich.

Trete langsam hinter sie, immer noch die Kiste vor mir, klopfe ihr leicht von der Seite auf die Schulter. Sie blickt nicht auf, während sie dabei ist, immer noch mit einem Pinsel gerade Linien über ihren Augen nachzuziehen.

Junge Frau – Hmm?

Zeichner – Hab hier was für….Tatianna?

Ohne aufzusehen, zuckt sie mit den Schultern, ganz in sich gekehrt. Hinter uns ein stetiger Strom an Aktivität.

Junge Frau – Die arbeitet hier nicht mehr.

Fuck. Nicht abwimmeln lassen. Dran bleiben. Das klappt schon.

Zeichner – Ich muss das aber jemandem übergeben. Kann das jemand für sie annehmen?

Sie setzt den Pinsel ab, seufzt. Guckt zu mir hoch, der gesamte Gesichtsausdruck zeugt davon, dass ich vor allem eine Störung ihrer ruhigen Phase bin. Ein Störkörper.

Junge Frau – Probier´s zwei Türen weiter bei Matti. Nerv nicht.

Ich weiche langsam, abwiegelnd zurück, und drück mich dann aus dem Umkleideraum in den Korridor hinein, prompt drückt sich eine Gruppe von leicht bekleideten Damen in schuppigen Leibchen an mir vorbei…die Schuppenfarbe nur ein dunkles Grau-Blau. Stimmt nicht überein.

Eine Tür weiter, Einblick in einen kleinen Umkleideraum, dunkel und leer, die Tür halb angelehnt, ein kleiner Schauer, der mir über den Nacken geht. Wende mich ab, drücke mich direkt an zwei Herren im Chippendale-Outfit zum nächsten Raum weiter.

Licht dringt heraus auf den Korridor, ein weiterer kleiner Umkleideraum, an dessen Ende eine spanische Wand neben einem kleinen Schminktisch steht. Der gesamte Raum, keine fünf Meter tief, nackte Betonwand, ist über und über bedeckt mit Kostümen, und seltsamen Farben, als ob jemand hier eine Farbbombe hochgejagt hätte.

Die Spanische Wand wackelt. Jemand dahinter. Eine hervorkommende Hand.

Spanische Wand – Hey, einmal vom Stuhl das da!


Schlüpfe langsam durch das Chaos der Umkleide und greife das Kleid, das momentan auf dem Stuhl sitzt. Ein über und über mit ebensolchen Fischschuppen bedecktes Seidengewand. Es fließt mir förmlich durch die Hand wie Sand. Kribbelt ein bisschen. Reiche es zur Hand, welche hinter der Wand verschwindet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen