20170112

Aufstieg und Fall des Leopold II Heinrich von Brand

Er konnte das Feuer in den Baracken sich ausbreiten sehen. Unzählige Menschen, die wie kleine Ratten aus ihren Löchern gekrochen kamen, aus Angst vor dem Fall der Decke über ihren Köpfen, während gleichzeitig weitere Artilleriesalven andere Bereiche unter Beschuss nahmen.

Der Boden wackelte. Die Reflektion des roten Scheins machte erkennbar, wenn die Plasmalanzen abgefeuert wurden, mit welchen die Zerstörer im Orbit über der Stadt standen. Schutt, Staub und Asche flog umher. Der weiß-graue Marmorboden, auf dem er stand, war an mehreren Stellen durch die fallenden Überreste der Decke aufgeplatzt, besonders dort wo große Brocken in den Fussboden eingeschlagen waren, und mitunter auch ehemals Anwesende unter sich begraben hatten. An einigen Stellen hatte das Blut, das sich lachengleich sammelte, bereits angefangen zu verhärten.

Ein Geruch von Verwesung lag in der Luft. Leopold lächelte schnippisch, nahm einen tiefen Schluck aus der Weinflasche, das Glas zu seiner Linken nur noch symbolisch in seinen Händen. Der Wein brandete ihm die Kehle hinab, war aber letztlich auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, und dort wo sein Mund nicht mehr ganz den Hals der Flasche umfasste, floßen roten Spuren des kostbaren Getränkes über seinen Bart und in die halb-offene Uniformjacke, vermischte sich mit dem Schweiß, Blut und der Erschöpfung, die sich dort angesammelt hatte.

Ein lautes Krachen in der Ferne und ein rotes Aufblitzen. Die Glanzvoll war im Sinkflug begriffen, Flammen schlugen an allen Seiten des majestätischen Schiffes hervor, und der Rauch hatte dort, wo der Sauerstoff austrat, lange Schlierbahnen, die dem Gefährt etwas hypotisierendes gaben.

Wie das titanische Schiff sich langsam dem Kuppeldach näherte, konnte er sehen, wie vereinzelt, an einigen Stellen Rettungskapseln abgelassen wurde, nur um Druck und Feuergefecht zu vergehen. Das Heck des Schiffes selbst brach, als eine weitere Lanzensalve der Koalitionsschiffe sich wie ein unbarmherziger Lichtstrahl durch die Dunkelheit fraß.

Das Rumpeln in der Entfernung und die aufkeimende pilzige Explosion deutete an, wo am Dom die Glanzvoll eingeschlagen sein musste. Nun würde es nicht mehr lange sein. Nacheinander gingen in den einzelnen Distrikten der Stadt die Lichter aus. Nur die vereinzelten Feuergefechte und das schwere Feuer der Invasionstruppen bot überhaupt noch Licht, und auch dieses nur noch gering und vereinzelt. Letztlich hielten nur die Flammen das Leuchten aufrecht.

Ein letzter Blick auf die Umgebung zeigte ihm, wie die ersten Fahrzeuge der Koalition die Tore des Hauptgebäudes erreichten hatten. Sie würden bald hier sein.

[Ein letzter Blick auf das Magazin, sicherheitshalber überprüfte er noch ob die Waffe auch wirklich entsichert war. Dann lud Johann das Magazin in die Pistole , öffnete die Tür, und trat ein.]

Er konnte die Tür des Festsaals aufgehen hören, und die Person, die mit den schneidigen schwarzen Stiefeln, wie sie nur seine Offiziere trugen, eintreten. Das Klacken auf dem Boden beim Gehen war unverkennbar. Ein kurzer Blick nach hinten zeigte ihm, dass seín Sohn war. Die makellose schwarze Uniform saß wie auf den Leib geschneidert. Sie war es ja auch.

Er konnte das Durchladen einer Pistole hören.

Er sprach, ohne sich umzusehen.

"Sic Transit Gloria Mundi"

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